Der Insel-Verkäufer

Westdeutsche Allgemeine Zeitung , 31.12.2008, Hayke Lanwert , Hamburg

Seit fast 40 Jahren bringt Farhad Vladi Träume aus Sand, Palmen und Meer an den Mann – und an die Frau. Zu seinen Kunden zählen heute Reiche und Prominente wie Johnny Depp, Bill Gates und Diana Ross.

Auch hier in Hamburg, seiner Heimatstadt, hat er nah am Wasser gebaut. So, dass der Blick von seinem Schreibtisch aus direkt auf die Binnenalster fällt. Ganz als wäre das die Grundvoraussetzung für einen, der diesem außergewöhnlichen Beruf nachgeht. Farhad Vladi ist der Herr über die Inseln dieser Welt. Seit bald 40 Jahren makelt er mit Inseln, verkauft er Träume aus Sand, Palmen und Meer an all jene, die es sich leisten können und wollen. 

Es quietscht von der Nachbarinsel 
Farhad Vladi ist seit fast 40 Jahren Inselmakler. (Fotos: WAZ, Jakob Studnar) 
Anfang Dezember, als sein Jugendfreund Jakob von Uexküll in Stockholm mal wieder den Alternativen Nobelpreis vergab, da tat Farhad Vladi das, was er gerne tut. Hinfahren, weil er den Freund häufig unterstützt, und nebenbei noch ein Geschäft abwickeln. Ihm war eine Insel mitten in den Schären angeboten worden. Bergholm heißt sie, mit einem „wunderschönen, 100 Jahre alten Haus” darauf. Prominent gelegen und ebenso umgeben. Denn auf den Nachbarinseln rundum wohnen Björn Ulvaeus, der einstige Boss von Abba, Abkömmlinge der Bernadottes, des schwedischen Königshauses und ein bekannter Unternehmer. 
Eine Rarität. Hätte sie nicht diesen kleinen Schönheitsfehler. Es quietscht dort! Genauer gesagt, quietscht es von der Nachbarinsel, wenn deren Besitzer im Winter die eiserne Schiebebrücke zum Festland ausfährt. „Aber das ist nur selten nötig, nur, wenn das Eis noch nicht trägt”, beeilt sich Vladi hinterher zu schicken.

Die Bahamas in vier Schubladen 
Sein Büro an der Binnenalster gibt sich, abgesehen von der Lage und dem spektakulären Blick, ganz unprätenziös. Keine ausladenden Ledersessel, kein opulentes Entrée und nirgends schwere Teppiche, stattdessen Arbeitsatmosphäre und grau-stählerne Aktenschränke. K wie Kanada etwa benötigt einen ganzen Flur. Die Bahamas füllen vier schwere Schubladen, Französisch Polynesien drei und die Fidschi-Inseln immerhin zwei. Aktenordner voller Karten, Luftaufnahmen, Grundbuch-Auszügen. Jede Insel hat ihre Breiten- und Längengrade, ihre Zahlen und Fakten. Ein Schub, ein Griff und das Insel-Leben blättert sich auf. Ein Griff, ein Blick auf die Umrisse des Eilands, und Vladi weiß seinen Namen. Die Fotos hat er alle selbst geschossen, mit seiner Hasselblatt, und aus der Luft gesehen, sind die Inseln für ihn wie ein offenes Buch. Kein Geheimnis können sie verbergen, keinen Makel. 
Dass der 61-Jährige der Insel-Leidenschaft verfiel, hat mit einer Zeitungsmeldung zu tun, die er als Student der Volkswirtschaft las: „Engländer kaufte Insel für 5000 DM.” Eine eigene Insel, das wäre was, dachte sich der Sohn eines iranischen Kaufmanns. Er recherchierte, studierte Karten und steckte einfach einen 100-DM-Schein in einen Umschlag, schrieb einen Anzeigentext und schickte das einer Zeitung auf den Seychellen.

 

Die erste Insel ging an Kaffeeunternehmer Darboven 
Vladi: „Die ersten zwei, drei Minuten, in denen jemand eine Insel betritt, entscheiden!” 
Die Angebote, die kamen, waren mehr als eine Nummer zu groß. Doch Vladi stand mit seinen Sehnsüchten nach einer Insel nicht allein. Sein Werben um Interessenten blieb tatsächlich nicht vergeblich. Kaffeeunternehmer Albert Darboven kaufte für 300.000 DM Vladis erste Insel. „Ich erhielt eine Provision von 30.000 DM. Das war wahnsinnig viel für mich damals. Ich hatte Blut geleckt, ich sah das Geschäft”, sagt Farhad Vladi. 
Heute zählen die Reichen und Prominenten der Welt zu seinen Kunden. Johnny Depp erschien mit seiner Yacht auf den Bahamas und kaufte. Bill Gates mietete sich anonym für zwei Wochen eine Seychellen-Insel. Diana Ross erwarb mit ihrem Mann, einem Reeder, ein Eiland bei Tahiti. „Tragisch”, erzählt Vladi, „sie waren glücklich dort, bauten noch, dann stürzte ihr Mann bei einer Reise von den Klippen. Diana Ross hat die Insel daraufhin wieder verkauft”.

"Pack die Kamera ein. Ich kauf die Insel!” 
Er mag ein Geschäftsmann sein. Doch Vladi ist vor allem ein Genießer. Und so schwärmt er, mit Inseln sei es so wie bei der Begegnung mit einem Menschen: „Die ersten zwei, drei Minuten, in denen jemand eine Insel betritt, entscheiden!” So wird es auch bei Didi Hallervorden gewesen sein. 27 Inseln hatte sich der Komiker mit Vladi angesehen, vor allem in der Karibik. Vor Augen immer den Traum von weißem Sand, flirrender Luft, der Hängematte zwischen Palmen. Fündig wurde Hallervorden aber an der bretonischen Küste, wo Vladi eigentlich nur eine Insel für andere Kunden fotografieren wollte. Hallervorden und er fuhren mit dem Boot rüber und schliefen in dem verlassenen Schloss. Als Vladi morgens aufstand, sagte Hallervorden: „Pack die Kamera ein. Ich kauf die Insel!” 

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